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Pflege und Gesundheit
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Frieden
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Die Krise bewältigen, Zukunft gestalten, Reichtum umverteilen: Für eine gerechte Gesellschaft – sozial und ökologisch!

Die Corona-Pandemie erschüttert unsere Gesellschaft. Sie bedroht unsere Gesundheit, schwächt die Wirtschaft und verschärft die soziale Ungleichheit. Die Bundesregierung verhinderte mit Rettungsschirmen, Überbrückungshilfen und einem Konjunkturpaket einen wirtschaftlichen Kollaps. Tarifverträge und Mitbestimmung haben Einkommen stabilisiert und Arbeitsplätze gesichert. Der Sozialstaat konnte in der Krise Sicherheit geben. Millionenfache Kurzarbeit vereitelte Massenentlassungen. Die Beschäftigten der Daseinsvorsorge sorgten dafür, dass das gesellschaftliche Leben nicht zusammenbrach. Schutzschirme für soziale Einrichtungen stabilisierten das Sozialsystem.

Die Pandemie zeigte jedoch auch die Defizite des Sozialstaats. Viele Geringverdiener*innen, Minijobber*innen, Soloselbständige, kurzbefristete Projektbeschäftigte, Alleinerziehende, Auszubildende, Student*innen, Zugewanderte, Erwerbslose, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderung und Obdachlose traf die Krise mit voller Wucht. Für Grundsicherungsbezieher*innen und andere hilfsbedürftige Gruppen gab es keine ausreichende Unterstützung. Hier traten die Folgen einer Politik der Privatisierung, der Deregulierung, der Sparund Kürzungspolitik sowie der Steuerpolitik zugunsten der Unternehmen und Vermögenden der vergangenen 30 Jahre schonungslos und schmerzlich zu Tage: Pflegenotstand, auf Gewinn getrimmte Krankenhäuser, Ausweitung des Niedriglohnsektors, Verfestigung von Armut und Wohnungsnot, Abbau öffentlicher und sozialer Leistungen, mangelnde personelle Ausstattung von Kommunen, Kitas und Schulen, Investitionsstaus in der kommunalen und sozialen Infrastruktur, Schwächung der Sozialsysteme sowie Umverteilung von unten nach oben. Bildungsungerechtigkeiten sind wie unter einem Brennglas sichtbar geworden und haben sich vertieft.

Gleichzeitig sind wir, als Folge einer Wirtschafts- und Lebensweise, die Natur und Umwelt vorrangig als Ausbeutungsobjekt sieht, auf dem Weg in eine Klimakatastrophe und Umweltzerstörung existenziellen Ausmaßes. Damit verbindet sich die Notwendigkeit einer im Energiebereich bereits eingeleiteten und jetzt auch in den Bereichen Verkehr und Landwirtschaft anzugehenden nachhaltigen Wende. Die politischen Beschlüsse und Maßnahmen der nächsten 10 Jahre werden darüber entscheiden, ob wir eine Klimakatastrophe und nicht mehr rückholbare Umweltzerstörungen verhindern können.

Wir fordern einen politischen Kurswechsel: Wir wollen eine ökologische und sozial gerechte Gesellschaft für alle!

Die Corona-Krise, aber auch der schon jetzt spürbare Klimawandel, treffen diejenigen besonders hart, die ohnehin im Abseits stehen. Der Bedarf an Hilfe und Unterstützung ist mit der Krise gewachsen. Es gilt den Sozialstaat zu erhalten, auszubauen und krisenfest zu gestalten. Alle müssen künftig von den sozialen Sicherungssystemen geschützt werden. Die Regelsätze der Grundsicherung und verwandte Leistungen müssen kräftig auf ein bedarfsdeckendes Niveau angehoben werden. Solidarität ist wichtiger denn je. Darüber hinaus hat die Corona-Krise den vorhandenen riesigen Investitionsstau klar erkennbar gemacht. Für die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, für die Gestaltung einer sozial gerechten Gesellschaft und für die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft müssen in den kommenden Jahren große Summen dauerhaft zur Verfügung gestellt werden. Unterlassene Klimaschutzinvestitionen erhöhen hingegen die sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgekosten und belasten die künftigen Generationen in einem untragbaren Maße.

Wir fordern die Sicherung und Stärkung des Sozialstaates sowie massive Investitionen in den sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Corona-Krise hat zu einem starken Anstieg der Staatsverschuldung geführt. Die Rettungspakete, steigende Sozialausgaben und hohe Steuerausfälle ließen den öffentlichen Schuldenberg wachsen. Wir können aber mit den höheren Schulden leben. Die Zinsen sind im Minusbereich. Die Schuldenquote – der Anteil der Staatsschulden am Sozialprodukt – liegt bei international niedrigen 71 Prozent und wird nach Überwindung der Krise weiter sinken. Kreditfinanzierte öffentliche Investitionen stärken die wirtschaftliche Entwicklung. Allein der Investitionsstau der Städte und Gemeinden beläuft sich auf 149 Milliarden Euro. Der Bund muss die äußerst günstigen Finanzierungsbedingungen nutzen, um jetzt in Klima- und Umweltschutz, Gesundheit, Bildung, Digitalisierung, ÖPNV und Wohnen zu investieren. Darüber hinaus bedarf es dauerhaft zusätzlicher Mittel zur Sicherung und Weiterentwicklung der Infrastruktur, öffentlicher Dienstleistungen und für mehr Personal.

Doch die Schuldenbremse zwingt Bund und Länder dazu, die Corona-Kredite zeitnah zu tilgen. Im schlimmsten Fall würden notwendige soziale, kulturelle und ökologische Ausgaben gekürzt werden, um krisenbedingte Schulden zu tilgen. Die Schuldenbremse entpuppt sich in der Praxis als Investitions- und Zukunftsbremse. Deswegen sollte sie abgeschafft oder zumindest mittels längerer Tilgungsfristen und einer Goldenen Regel (Möglichkeit der Kreditfinanzierung öffentlicher Investitionen) gelockert werden.

Der Streit um die Schuldenbremse ist Teil eines großen Verteilungskonflikts. Das private Nettovermögen beläuft sich auf 13 Billionen Euro. Der private Reichtum konzentriert sich in wenigen Händen. Das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt zwei Drittel, die Superreichen – das reichste 0,1 % – ein Fünftel dieses Nettovermögens. Nach der Krise brauchen wir eine umverteilende und gerechte Steuerpolitik, die den privaten Reichtum stärker in die Pflicht nimmt, um öffentliche Armut zu überwinden. Große Vermögen, sehr hohe Einkommen, Erbschaften und Unternehmensgewinne tragen zu wenig zur Finanzierung des Gemeinwesens bei. Zwischen 1998 und 2015 wurden die reichsten 30 Prozent der Bevölkerung steuerlich entlastet, während die unteren 70 Prozent mehr Steuern zahlen mussten. Bei Vermögen und Erbschaften ist Deutschland eine Steueroase. Deswegen müssen Topverdiener, Großerben, Multimillionäre und Milliardäre sowie finanzstarke Unternehmen zukünftig stärker besteuert werden – z.B. durch eine Vermögenssteuer. Gleichzeitig profitieren große Unternehmen von umwelt- und klimaschädlichen Subventionen in Milliardenhöhe. Diese dienen häufig reichen Haushalten, müssen abgebaut und in eine zukunftsfähige Gemeinwirtschaft investiert werden.

Wir fordern eine Abkehr von der Schuldenbremse, mehr Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit, eine konsequente Verfolgung von Steuerflucht und -umgehung sowie den Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen, um die gesellschaftlich notwendigen Veränderungen finanzieren zu können.

Wir können die Krise bewältigen und ein besseres, sozial und ökologisch gerechtes Land für alle schaffen, die hier leben. Wir müssen dies mit mehr internationaler Solidarität verbinden, denn hiesiger Wohlstand darf nicht auf Kosten von Mensch und Natur in anderen Teilen der Welt geschaffen werden. Mehr denn je gilt: Wir müssen den vorhandenen Reichtum gerecht verteilen und Gemeinwohl vor Profit stellen.

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